In Gestalt der christlichen Vorstellung von der Sünde kommt Religion dem Erkennen der Existenz der Emotionellen Pest nahe. In ihr liegt ein Bewußtsein für die tödlichen Aspekte des gepanzerten menschlichen Zustands, die sekundären, destruktiven Antriebe der Menschen. Bei der Vorstellung von Sünde besteht auch ein gewisser Kontakt mit dem biologischen Kern, der den Menschen ein Gefühl der Verantwortung für ihr eigenes Leben gibt. Die Idee der Sünde ist jedoch begrenzt, weil sie in entgegengesetzten moralistischen Ansichten über das, was richtig und falsch ist, festgefahren ist und weil ihr Ursprung in der Idee der Erbsünde mystifiziert ist. Das destruktive Verhalten eines Menschen einfach der Sünde zuzuschreiben, ist daher ein destruktives Beispiel für verwirrtes, mystisches Denken. Es führt zu weiteren Problemen, wenn Menschen mit einer liberalen Charakterstruktur die Vorstellung der Sünde insgesamt ablehnen.
Die Emotionelle Pest zu verstehen, liegt außerhalb des Bereichs des gepanzerten, moralistischen Denkens. Es ist ein Begriff, der in den Medizin- und Sozialwissenschaften eine bestimmte Bedeutung hat. Um die Emotionelle Pest richtig zu verstehen, muß man die drei Schichten des biopsychischen Apparats des Menschen kennen: den biologischen Kern, die zerstörerische mittlere bzw. sekundäre Schicht und die oberflächliche Schicht bzw. Fassade. Die Emotionelle Pest ist das gesellschaftlich Destruktive, das die Menschen aus ihrer sekundären Schicht heraus zum Ausdruck bringen. Die Kenntnis der Emotionellen Pest erfordert die Fähigkeit, über die destruktiven Folgen der Denk- und Lebensweise gepanzerter Menschen funktionell zu urteilen.